8. Juni 1969: Na dann: zum Wohl ...!
8.6.2019, 09:07 UhrDie „Woche des deutschen Weines“ – vom 6. bis 14. Juni – nahm anfangs mehr feucht als fröhlich Auftakt in der Plärrer-Teestube ebenso wie in den Gassen der Innenstadt. Lotterien, Preisausschreiben, Wettbewerbe, „fließende Brunnen und Luftballons eröffneten den Public Relations-Reigen um ein in Bierstädten wie Nürnberg etwas vernachlässigtes Sorgenkind.
Um demselben wirkungsvoll aus den Kinderschuhen hinauszuhelfen, hatten sich Einzel- und Großhandelsverbände, Präsidenten und Weinköniginnen, Kaufhäuser der Innen- und Wirtschaften der Altstadt einiges einfallen lassen. Drei Stunden lang konnte man beispielsweise in der Pfannenschmiedsgasse der guten alten Zeit frönen: die Pfälzer Weinkönigin Heidrun – selbstredend jüngeren Datums als die beschworene Jahrhundertwende – schenkte Wein, das Glas zu neun und elf Pfennigen, aus und überreichte allen Geburtstagskindern vom 6. Juni eine Flasche Pfälzer. Nur 79 – hauptsächlich ältere Herren im Genießeralter – nutzten die Chance, ihren Ehrentisch um einen guten Tropfen zu bereichern.
Eröffnung mit einem Kaufmannszug
Größer war der Andrang an den Weinbrunnen, die eine Woche lang von früh bis spät am Weißen Turm (Württemberger), in der Pfannenschmiedsgasse (Franken) und auf dem Hauptmarkt (Rheinpfalz) das Ihre zur allgemeinen Weinseligkeit beitragen werden. Gestern flossen sie erst zur Generalprobe, die offizielle Einweihung folgt heute mit einem historischen Kaufmannszug.
Nicht nur in der Öffentlichkeit, auch in geschlossenen Gesellschaften wurde das Trinken edler Tropfen gleich flaschenweise kultiviert. Zu einer festlichen Weinprobe großen Stils hatten das Deutsche Weininstitut Mainz, der Hotel- und Gaststättenverband e. V. Mittelfranken und der Landesverband des Bayerischen Einzelhandels in den „Deutschen Hof“ geladen. 400 Gäste kosteten 15 Spitzen-Spezialitäten und begutachteten zwischen Wein und Käse eine Modenschau, die von Nürnberger Modehäusern arrangiert worden war. – Zu einer großangelegten „Weinlotterie“ rief außerdem die „Edeka“ ihre Kunden auf. Die Gewinner der – wie sollte es auch anders sein!. – Weinfässer werden am 16. Juni bekanntgegeben.
OB: weinfreundliche Vergangenheit
Um den Wein, bei fortgeschrittener Zwanglosigkeit auch wegen des Weins, drehte sich alles im 14. Stockwerk des Plärrer-Hochhauses. Umrahmt von der deutschen, der fränkischen und der pfälzischen Weinkönigin, ließ OB Dr. Andreas Urschlechter seinen Blick in eine weinfreundlichere Vergangenheit Nürnbergs schweifen, als viele Bürger noch Reben an der Hauswand züchteten. „Das Klima – wohlgemerkt nicht das politische – muß im Mittelalter besser gewesen sein als heute!“ Was doch sicher nicht heißen sollte, daß das politische Klima sich seit dem 15. Jahrhundert nicht mehr verändert hat...
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